Culture Hacks für eine bessere UX-Kultur

Ein entscheidender Faktor für Unternehmen, die eine positive User Experience schaffen wollen, ist ihre Unternehmenskultur. Diese Kultur wirkt dort, wo formelle Prozesse und Werkzeuge an ihre Grenzen stoßen. Eine gezielte Veränderung der Unternehmenskultur in Richtung UX ist jedoch oft schwierig. Große Veränderungsprojekte scheitern häufig, weil die Veränderungen zu groß sind und die bestehenden Strukturen zu festgefahren. Hier kommt das Konzept des Culture Hacking ins Spiel: Es setzt auf zahlreiche kleine, positive Veränderungen, die von den Mitarbeitenden selbst initiiert werden und die bestehenden Strukturen nicht stören.

Was ist Culture Hacking?

Culture Hacking ist ein adaptiver und iterativer Ansatz zur Veränderung der Unternehmenskultur. Dabei werden keine formellen Strukturen geändert, sondern durch informelle Aktivitäten kulturelle Aspekte beeinflusst. Die Mitarbeitenden identifizieren Probleme und entwickeln kleine Veränderungen, die langfristig die gesamte Organisationskultur positiv beeinflussen können. Culture Hacks entstehen unabhängig von der Hierarchie und jeder in der Organisation kann eigenständig und ohne formelle Erlaubnis Culture Hacks umsetzen.

Zunächst muss ein Problem erkannt werden. Diese Wahrnehmung muss sich nicht zwangsweise auf die Organisation als Ganzes beziehen, sondern kann auch auf Teams oder Abteilungen beschränkt sein. Sobald der Bedarf für eine kulturelle Veränderung erkannt wird, entwickeln normalerweise einzelne Mitarbeitende oder Gruppen eine kreative Lösung – den Culture Hack.

Die Umsetzung eines Culture Hacks erfolgt experimentell. Es ist nicht garantiert, dass ein Hack funktioniert. Die geplante Aktivität erzeugt eine Resonanz in der Organisation, selbst wenn sie ignoriert wird. Neben der gewünschten positiven Veränderung können auch ungewollte Reaktionen auftreten. Deshalb sollten mögliche Reaktionen und Risiken im Vorfeld abgewogen werden.

Beispiele für UX-Culture Hacks

Es gibt viele mögliche Culture Hacks. Hier sind einige Beispiele, die wir in der Praxis schon gesehen haben:

Persona-Repräsentanten in Meetingräumen

In einer Organisation wurde festgestellt, dass die für die Produktentwicklung erstellten Personas kaum genutzt wurden. Um sie präsenter zu machen, wurden verschiedene Ansätze diskutiert, wie Poster, Abreißblöcke oder Pappaufsteller. Letztlich entschied man sich für selbstgebastelte Kartendecks (DIN A5), die an die Produktgestalter:innen und in den Meetingräumen verteilt wurden. Diese Karten wurden in Diskussionen verwendet und erfreuten sich großer Beliebtheit. Es gibt einige Teams, die die Karten nach wie vor benutzen. In manchen Meetingräumen verschwanden die Karten aber nach einer Weile.

Nennung der UX-Vision zu Beginn jedes Planungsmeetings

Damit alle Gestaltungsentscheidungen im Einklang sind, muss das Produktteam eine gemeinsame Vorstellung vom Endergebnis haben. Eine UX-Vision (www.ux-vision.com) beschreibt die gewünschte User Experience und sollte zu Beginn jedes Planungsmeetings wiederholt werden. So wird sichergestellt, dass alle Teammitglieder auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Besonders wirkungsvoll war dies in Teams, in denen die Produktverantwortlichen gerade zu Beginn von Review- und Planungsterminen einleitend auf die UX-Vision hingewiesen haben.

Einführung einer Nutzerbrille

In Gesprächen wurde oft die Perspektive der Nutzenden vernachlässigt. Um sicherzustellen, dass diese Perspektive berücksichtigt wird, entwickelte ein Mitglied der Organisation die Idee der Nutzerbrille. Diese Brille liegt in Besprechungsräumen aus und soll durch das Aufsetzen die Perspektive der Nutzenden ins Bewusstsein rücken. Einige Gesprächsrunden verwenden die Brille immer wieder, um bewusst einen Perspektivwechsel durchzuführen.

Limitationen von Culture Hacks

Die Akzeptanz von Culture Hacks kann in einer Organisation sehr unterschiedlich ausfallen. Die Wirkung eines Hacks kann schnell abflachen, und die Maßnahmen können stark kritisiert werden. Zudem ist die Überprüfbarkeit der Wirkung eines Hacks aufgrund der Komplexität einer Organisation schwierig. Veränderungen der UX-Kompetenz können auch durch andere Faktoren beeinflusst werden.

Fazit

Um die UX-Kompetenz einer Organisation zu verbessern, muss auch die Kultur berücksichtigt werden. Culture Hacks sind ein effektives Mittel für kleine, kontinuierliche Veränderungen. Sie sind jedoch kein Allheilmittel. UX-Professionals können mit kleinen Veränderungen die Kultur positiv beeinflussen und gleichzeitig die informellen Strukturen der Organisation besser kennenlernen. Jeder Culture Hack ist ein Experiment, dessen Erfolg nicht garantiert werden kann. Dennoch lohnt sich ein Blick in die Geschichten bereits erfolgreicher Culture Hacks, um neue Ansätze für kulturelle Veränderungen zu entdecken.

Dominique Winter 

Forscher, Praktiker und Speaker für erlebnisorientierte Produktentwicklung